Katzen: das Kleingedruckte, Teil II

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(Ende von Teil 1: Und so bekamen wir Ende der Sommerferien 2015 zwei schwarz/weisse, spitzköpfige, kurzhaarige Kater. Ich konnte mir ein innerliches Seufzen nicht verkneifen.)

Schon bald konnte ich mich nicht mehr an meine Wunschliste erinnern. Diese zwei Wesen hatten mein Herz erobert.

Im Keller hatten unsere Vorgänger ein Katzentürchen installiert, so dass wir dieses nur aufzuschliessen brauchten. Leider befindet sich das Katzentürchen auf drei Meter Höhe im Weinkeller, dessen Bodenfläche einen Quadratmeter beträgt, was heisst, dass wir keine fixe Katzenleiter an der Wand anbringen konnten, denn sonst hätten wir den Weinschrank nicht mehr öffnen können.

Deshalb stellte Mike den Katzen ein Provisorium zur Verfügung:

  1. a) eine kleine Bockleiter, die den Sprung auf den Weinschrank erlaubte.
  2. b) Treppenartig aufgestapelte Kartonkisten (auf dem Weinschrank), die den Zugang zum Katzentürchen ermöglichten.

“Solange die Katzen keine Arthrose haben, sollte das gehen”, sagte ich den erstaunt dreinblickenden Kindern.

Wochenlang ging es gut. Dann musste irgendetwas Baloo erschreckt haben, denn auf einmal weigerte sich dieser Kater, das Tor zur Freiheit zu erklimmen. Ein paar Tage machte ich ihm die Haustüre auf, wenn er das Haus verlassen wollte. Dito beim Hineinkommen.
“Bist du sein Butler?”, sagte Mike kopfschüttelnd, “das ist doch kein Zustand.”

Am nächsten Tag, es war Wochenende, packte Mike den Kater und verschwand im Keller. Zwei Minuten später kam er wieder mit Baloo zurück.
“Priska, ich brauche deine Hilfe.”
Ein Kratzer schmückte Mikes Stirn.

Mike hatte bereits einen neuen Plan geschmiedet und schickte mich mit Baloo in den Keller, während er sich Schuhe und Jacke anzog, um in den Garten zu gehen. Auf der Bockleiter stehend, hievte ich den Kater auf die höchste Kartonkiste, die ich mit meinen Armen erreichen konnte. Mike versuchte vom Garten aus, die Katze durch das Katzentürchen zu locken. Weil Baloo die Kooperation verweigerte, musste ich die grosse Stehleiter holen, um den Kater manuell durch das Katzentürchen zu bugsieren. Mike nahm ihn auf der anderen Seite entgegen. Das Gleiche erfolgte nun umgekehrt.
“Warum mache ich das jetzt?”, fragte Mike, nachdem wir Baloo x-mal hin und her geschickt hatten.
“Weil Du ein Schatz bist.”
Ich meinte es ernst.

Baloo ging seitdem wieder zum Katzentürchen hinaus. Leider kam er nicht immer alleine zurück. Manchmal brachte er Mitbewohner, die wir erst beim Streicheln bemerkten. Als Lara die erste Zecke entdeckte, war ich leicht überfordert. Lara auch.
“Nicht weil ich nicht helfen will”, rang sie um Verständnis, “sondern weil ich nicht kann.”
“Jemand muss die Katze festhalten, während ich die Zecke herauszupfe”, versuchte ich sie zu überzeugen, “und da niemand ausser Dir hier ist…oder soll ich halten und du ziehst die Zecke heraus?”

Wir einigten uns auf die erste Variante: Lara hielt und ich zog. Wir schrien auf, als Baloo zuckte. Dann hielt ich einen kopflosen Zeckenkörper zwischen der Pinzette.
“Bravo Mami. Jetzt wird Baloo vielleicht krank.”

Die Tierarzthelferin am Telefon beruhigte mich:
“Nein, Sie müssen nicht ins Tierspital….nein, Sie müssen nicht vorbeikommen…. nein, Sie brauchen den Zeckenkörper nicht aufzubewahren…”
Ich hörte die Tierarzthelferin insgeheim seufzen, neurotische Katzenbesitzerin.

Unterdessen habe ich gelernt, fast einhändig unerwünschte Mitbewohner zu entfernen und fühle mich dabei sehr professionell. Doch Baloo und sein Bruder, Schnurrli, stellten mich auf weitere Proben, denn durch das Katzentürchen kamen auch Geschenke in Form von toten Mäusen und leblosen Vögeln. Einmal liess ich mich verleiten und erlaubte Schnurrli, den toten Vogel zu behalten. Als ich von der Stadt nach Hause kam, begrüssten mich überall kleinste Flaumfedern, die mich tagelang verfolgten. Wie Konfettis klebten diese kleinen Federchen am Teppich fest, versteckten sich in Ritzen und hafteten an Kleidern. Seitdem sind dahingeschiedene Gäste in unserem Haus unerwünscht.

Dann kam der Tag, als mich Lara aufgebracht anrief:
“Mami, eine Maus oder ein Vogel… hinter dem Büffet… Schnurrli kommt nicht ran…was soll ich tun…?”
“Lebt es noch?”, fragte ich und war froh, nicht zu Hause zu sein.
“Weiss nicht, aber Schnurrli kauert vor dem Büffet…”
“Sperr Schnurrli in ein Zimmer ein und schaue nach, ob es noch lebt.”
“Nie und nimmer. Was, wenn es verletzt ist?”

Lara fand doch den Mut, das Büffet nach vorne zu ziehen.
“Eine Maus! Ich mache gar nichts mehr.”
“Musst Du nicht. Ich schaue, wenn ich nach Hause komme.”
Seufz. Wieso ich???

“Sie hat sich bis jetzt kein bisschen bewegt”, begrüsste mich Lara.
“Dann wird sie tot sein.”
Um sicher zu sein, berührte ich die Maus vorsichtig mit einem Besenstiel. Wie vom Blitz getroffen, rannte sie davon.
“Mami, pack sie”, rief Lara.
“Mit blossen Händen?” Nie und nimmer. Ich rannte in die Küche und holte ein Abtrocknungstuch. Lara zeigte mit ihrem Zeigefinger auf den Vorhang, unter dem sich die Maus verkrochen hatte. Ich zog den Vorhang auf die Seite und warf das Abtrocknungstuch über die Maus.

“Du musst sie packen”, meinte Lara.
Kann nicht, wollte ich sagen, aber die Worte waren noch nicht ausgesprochen, als die Maus unter dem Tuch hervorschnellte, in die Küche raste und, bevor ich mich versah, im Spalt zwischen Küchenwand und Geschirrspülmaschine verschwand.

Ich war entsetzt. Meine Familie auch.
“Die Maus wird sowas von stinken”, meinte Mike am Abend, “wenn sie in diesem Loch stirbt. Warum, sagtest du nochmals, hast du sie nicht fangen können?”
Die Kinder schauten mich vorwurfsvoll an.
“Die arme Maus”, seufzten sie und legten ihr Käse und Wasser vor den Spalteingang.
Baloo und Schnurrli verbrachten die Nacht vor dem Mauseloch. Na super.

Zwei Tage später entdeckte Anna die Maus im Gang. Kreischend rannten die restlichen Geschwister herbei, um den Katzen Tür und Tor zu schliessen. Anna hob die Maus auf und legte sie in eine Ikea Kiste. Wir waren ihr soo dankbar und feierten sie als Heldin. Mia und ich brachten die Maus in den nahegelegenen Wald.

Seitdem gründen wir alle paar Tage eine neue Mäusekolonie im Wald. Ich hätte nie gedacht, dass es in unserer Agglomeration noch so viele Mäuse gibt.

Doch das Schlimmste stand noch bevor.

Kinder erklären den Sankt Nikolaus

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Ein paar Tage vor dem Nikolaustag kommt Karl aufgebracht von der Schule nach Hause.
“Was ist denn los?”, fragt seine Mutter.
“Frau Lager hat heute gesagt, dass es den Sankt Nikolaus nicht gibt.”
“Deine Lehrerin hat gesagt…”
“Der Sankt Nikolaus sei schon vor vielen, vielen Jahren gestorben.”
Frau Müller schluckt leer.
“Und?”
“Ich habe Frau Lager gesagt, dass dies nicht sein könne, da uns der Sankt Nikolaus letztes Jahr besuchte.”

“Hmm”, macht Frau Müller nachdenklich, “und was hat Frau Lager geantwortet?”
“Frau Lager konnte nicht antworten, denn Hassan war schneller. Er meinte, es habe nie einen Sankt Nikolaus gegeben.”
Es wird immer besser, denkt Frau Müller, sagt aber nichts.
“Frau Lager meinte, der Sankt Nikolaus gab es schon einmal. Er lebte im 4. Jahrhundert und zwar in Myra, der heutigen Türkei.”
“Ach ja?”, sagt Frau Müller.

“Mein Freund Robert protestierte und sagte, dass der Sankt Nikolaus am Nordpol lebe. Daraufhin meinte Ronja: `Na klar, dann ist der Sankt Nikolaus eben umgezogen.`“
Frau Müller schaut ihren Sohn an.
“Und was meinst Du?”
“Das mit dem Umziehen macht Sinn, denn ich habe mich immer gefragt, von wo der Sankt Nikolaus seinen Esel hat. Er hat ihn von der Türkei mitgenommen! Und das Rentier am Nordpol kennengelernt.”

“Das hast Du gut überlegt”, lobt Frau Müller.
Karl nickt.
“Frau Lager wollte den Wohnort des Sankt Nikolaus nicht weiter diskutieren. Sie wechselte das Thema und fragte uns, was der Sankt Nikolaus denn so bringe. Ronja zählte auf: `Spanische Nüsse, Mandarinen und..` Weiter konnte Ronja nicht sprechen.“
“Warum?”
“Weil Melanie Ronja einfach unterbrach. Melanie wollte wissen, warum der Sankt Nikolaus Spanische Nüsse bringe, wenn er doch am Nordpol wohne. Ronja antwortete: `Na, weil es keine nordpolarische Nüsse gibt.`”

Frau Müller setzt sich hin. Karl spricht weiter:
“Warum der Sankt Nikolaus nicht Baumnüsse nehme, hackte Melanie nach. Ronja erwiderte: `Weil die Kinder Baumnüsse nicht aufmachen können und weil es am Nordpol keine Bäume gibt. Also muss er auf jeden Fall Nüsse im Ausland einkaufen.`”
“Hmm”, macht Frau Müller.
“Genau das hat Frau Lager auch gesagt”, meint Karl, “und dann verwies Frau Lager auf die `Mandarinen`, die man neben den Nüssen nicht vergessen sollte.”
“Und gab es dazu Fragen?”, seufzt Frau Müller.

“`Warum Mandarinen?`, wollte Melanie wissen.”
“Und?”
“Frau Lager schien sich nicht sicher, aber für mich sind Mandarinen logisch.”
“Ach ja?”
“Wenn der Sankt Nikolaus wegen den Nüssen schon in Spanien ist, kann er auch noch die dortigen Früchte einkaufen. Datteln und Feigen gibt es doch auch in Spanien, oder?”
“Du weisst aber viel.”

“Robert fragte, ob der rote Mantel mit dem roten Tuch der Stierkämpfer zu tun habe.”
“Nun wird es aber interessant”, murmelt Frau Müller.
“Interessant? Frau Lager war entsetzt und sagte: `Um Gottes Willen, nein. Der rote Mantel hat mit Coca Cola zu tun.`“
“Hmm.”
“`Häää?`, riefen ich und viele andere, denn das machte überhaupt keinen Sinn.”
“Wieso nicht?”
“Weil man im 4. Jahrhundert Amerika noch nicht entdeckt hatte. Wie also könnte der Mantel von Coca Cola kommen?”
“Ich freue mich auf Frau Lagers Antwort.”

“Frau Lager sagte, wir seien vom Thema abgekommen. Wichtig für uns sei nur, dass wir nicht vergessen sollten, uns am 6. Dezember warm anzuziehen, denn wir würden den Sankt Nikolaus im Wald besuchen.”
“Schön.”
“`Wie kann der Sankt Nikolaus kommen, wenn es ihn gar nicht gibt?`, fragten wir Frau Lager.”
“Jetzt bin ich aber gespannt.”
“`Fragt Eure Eltern`, sagte Frau Lager.”

 

 

Selbsterkenntnis

Inspiriert durch Carola Sturms Worte und Bild des blauen Engels.

Warum
 fällt es schwer,
 mit Menschen in Berührung zu kommen,
 offen, uneingenommen?

Weil
 der Weg nach draussen
 zuerst ins Innere geht?
 Angst sein Prophet?

Doch
 Erkenntnis lindert
 den Schmerz, der blockiert
 das Ich ruiniert,

bis
 das Ego--gebückt--
 den anderen auf den Boden drückt,

um
 gross und mächtig
 zu erscheinen
 --vergessen endlich das Weinen--

Oder
 im Gefühl der Unwürde
 die Seele sich geniert,
 den Mut verliert,

Mit-
 menschen (an)zusprechen,
 --was diese interpretieren
 als ignorieren--

Nun
 ist der Loop vollendet,
 der Kreis geschlossen,
 jede/r ausgestossen.

Erst
 wenn wir
 unseren Wunden die Hand reichen,
 heilen sie zu Narben, die uns erweichen

und
 ins Lot mit der Menschheit bringen--
 Niemand kann Schrammen entrinnen,
 aber, verheilt, wir Milde gewinnen.

Milde
 die uns erlaubt
 andere zu sehen,
 zu verstehen.

Die Illustrationen von Carola Sturm berühren das Herz. Ihr Bild des blauen Engels hat mich besonders angesprochen.  Dieses Bild, Ihre Worte und Ihr Zitat von Gandhi–„Sei Du selbst die Veränderung, die Du Dir wünschst für diese Welt.“–haben mich zum Nachdenken und Schreiben bewegt. Wunderbar.

Katzen: das Kleingedruckte, Teil 1

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“Wir hätten das Kleingedruckte lesen sollen”, seufzte ich immer wieder. Mike, mein Mann, konnte sich nicht verkneifen zu sagen:
“Yep.”

Ich mag mich noch gut an den Frühsommer 2015 erinnern. Mia, unsere Jüngste, fragte mich schon zum zweiten Mal, ob es mir langweilig sei.
“Wie kommst du auf diese Idee?”
“Nur so…”
“Nein, es ist mir nicht langweilig.”
“Schade.”
“Schade?”
“Ja… weil du gesagt hast, dass wir Katzen bekommen, wenn es Dir langweilig ist.”

Stimmt. Das habe ich jeweils gesagt, wenn die Kinder um ein Haustier fragten. Bevor Mia den Kindergarten besuchte, waren Katzen für mich kein Thema. Ich bin mit Katzen aufgewachsen, aber mit vier Kindern bewegte ich mich am Rande meiner Kapazitäten.

Also weigerte ich mich, noch irgendetwas Lebendiges ins Haus zu nehmen. Nun, aber, war Mia schon seit vielen Monaten im Kindergarten, und ich hatte, zumindest teilweise, meinen Geist und Verstand wiedergewonnen. Somit musste ich mir zugestehen, dass mein Einwand gegen Katzen nichtig war.

Mein Mann stemmte sich noch gegen irgendwelche lebende Vierbeiner.
Der Ball ins Rollen brachte eine fremde Katze, die uns im Juni 2015 auf der Veranda besuchte, während wir am Nachtessen waren. Vielleicht hat die Begeisterung der Kinder meinen Mann umgestimmt, vielleicht aber auch die Tatsache, dass die Katze exklusiv um Mikes Bein strich.
“Sie mag dich”, rief Tobias hoffnungsvoll.
“Die Katze mag das Fleisch auf meinem Teller”, erwiderte Mike. Trotzdem bückte sich mein Mann und streichelte der Katze das Fell.
“Sie mag Dein Fleisch besser als unseres”, doppelte Lara nach.

Kurze Zeit später verkündete Mike den Kindern:
“Wenn ihr wirklich wollt, dürft ihr zwei Katzen haben.”
“Hurra…! Danke…!”, riefen die Kinder in heller Begeisterung.

Aber”, fügte Mike hinzu,
“Ich füttere die Katzen nicht.”
“Wir füttern.”
“Ich reinige keine Katzenkistchen.”
“Wir reinigen.”
“Ich organisiere keine Katzensitter.”
“Wir organisieren.”
“Ich suche die Katzen nicht.”
“Wir suchen.”
“Und wenn sie ihre Haare hochwürgen, putze ich nicht.”
“Wir… warte mal… Katzen würgen Haare hoch? Vom Magen?…Igitt… Mami macht das…”

“Wie bitte?”, mischte ich mich ein.
Nach kurzer Diskussion unter den Kindern, wer von ihnen wie viel Prozent wo aufputzen würde, kam das Fazit:
“Machen wir.”

Ich dachte, dass wir im Frühling 2016 zwei junge Kätzchen aussuchen würden. Falsch gedacht. Ich hatte die Mundpropaganda unserer Kinder nicht miteingerechnet. Keine drei Wochen nachdem Mike grünes Licht gegeben hatte, stand eine Mutter vor unserer Türe.
“Ich habe gehört, ihr sucht Katzen. Meine Freundin hat noch zwei von ursprünglich acht Katzen zu vergeben.”
Super, dachte ich, wir bekommen den Restposten.

Eigentlich wünschte ich mir herzig rundköpfige; getigerte, rote oder ganz weisse; möglichst langhaarige Katzen.
“Nein”, klärte mich die Mutter auf, “beide Büssis sind schwarz/weiss. Es hatte Getigerte dabei, sogar eine Rote, aber die ist längst genommen… Runde Köpfe? Keine Ahnung.“
“Vielleicht sollten wir warten…”, meinte ich zaghaft, doch meine Bedenken gingen im Freudengeschrei der Kinder unter.

Und so bekamen wir Ende der Sommerferien 2015 zwei schwarz/weisse, spitzköpfige, kurzhaarige Kater. Ich konnte mir ein innerliches Seufzen nicht verkneifen.

Fortsetzung folgt….

Katze versus Katzenhalter/in

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Wir litten mit unserer Katze,
als ihre Haut platzte,
Eiter hinaus drang,
Ihr Miauen kläglich klang.

Wir verstanden den Schmerz unserer Nachbarin:
Ihre 5 Monate junge Katze schied dahin,
von zwei Jagdhunden zerfleischt.
Hätte die Haltung von Schosshunden nicht gereicht?

Wir retteten eine winzige, verängstigte Maus,
unsere Katze brachte sie als Gaumenschmaus.
Im Karton trugen wir das Baby hinaus
und fanden ihre Mami, zu Tode gebissen, vor unserem Haus. 

Präsidentschaftswahl 2017

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Möge der Bessere gewinnen…
Können wir so leicht entrinnen?
Oder dürfen wir wagen,
das Bessertum zu hinterfragen?
Wäre nicht besser zu sagen:

Möge der Bessere gewinnen,
dem es mag gelingen,
die Anklagekeule kräftiger zu schwingen,
lauter in höhnenden Tönen zu singen,
den anderen mit einem Schlag unter der Gürtellinie zu bezwingen?

Der Mensch besser fährt,
hat dieser Wahlkampf uns gelehrt,
der sich über den anderen beschwert,
die Aussagen des Gegenübers verzerrt,
seine eigenen Sünden in Heldentum umkehrt.

Wenn wir den Blick auf die Grossmacht drehen,
bedenkliche Bilder entstehen:
Diese zwei USA Kandidaten
von einer 325 Millionen Einwohner Basis starten.
Müssten wir nicht mehr erwarten?

Wenn wir mit Menschen reden,
sie nach Idealen streben:
Doch viele, kommen sie an der Spitze an…
werden zu einem Putin oder Erdogan.
Warum dieser Grössenwahn?

P.S. Müssten die Amerikaner sieben Bundesräte votieren,
was würde passieren?

Schule

schule

Meine Tochter Lara hat seit dem Schuljahresanfang neue Lehrer/innen. Eine Lehrerin heisst Frau Kahl. Als ich kürzlich mit Lara im Auto unterwegs war, wollte sie Folgendes wissen:
“Stell dir vor, Mami, du hättest morgen ein Fest und müsstest etwas zum Anziehen finden. Was machst Du?
a) Du nimmst, was du zu Hause hast.
b) Du gehst in die Stadt und kaufst ein neues Kleid.
c) Du leihst dir ein Kleid, das dir gut steht, von einer Freundin.
Übrigens hat uns das Frau Kahl gefragt.”

Lara schaute mich von der Seite erwartungsvoll an.
Okay, dachte ich bei mir, die moralisch richtige Antwort für Frau Kahl wäre wahrscheinlich a), aber was mich betrifft: ich hätte je nach Fest nichts Anständiges zum Anziehen. Ich hätte aber auch keine Zeit, in die Stadt zu gehen. Also würde ich ein Kleid von meiner Freundin ausleihen, falls diese zufällig genau das passende Kleid für mich hätte (was unwahrscheinlich ist, da wir unterschiedliche Länge und Geschmacksrichtungen haben). Aber das zählt ja nicht zur Frage.

Laut antwortete ich:
“c)”
“Habe ich auch gesagt”, sagte Lara erleichtert, “aber Frau Kahl meinte, diese Antwort sei falsch. Man sollte aus seinen alten Kleidern etwas zusammenstellen. Schliesslich habe man sie auch gekauft und darum soll man zufrieden sein damit.”

Nach kurzem Zögern fügte Lara hinzu: “Warum gibt Frau Kahl c) überhaupt als mögliche Antwort, wenn c) falsch ist?”
“Es war anscheinend ein Multiple-Choice Test.“
“Dann hast du es falsch gelöst?”
“Sie möchte Euch ermuntern, dass Ihr nicht verschwenderisch und gierig seid”, versuchte ich zu schlichten.
“Wenn ich kein Festkleid zu Hause habe, meine Freundin aber vier, wer ist dann verschwenderischer?”

Ich wollte etwas sagen, aber Lara kam mir zuvor:
“Wenn ich zufrieden bin mit einem ausgeliehenen Kleid und selber keines habe, bin ich dann gierig? Muss ich eines kaufen gehen und bin dann nicht gierig, da ich in diesem Fall keines mehr ausleihe? Doch dann würde ich mich wie Antwort b) verhalten, und Frau Kahl hat gesagt, Antwort b) wäre noch falscher als Antwort c). Also müsste ich vor Frau Kahls Frage ein Kleid eingekauft haben oder besitzen, um nicht gierig zu erscheinen….
“Hast Du Frau Kahl gesagt, warum du Antwort c) genommen hast?”
“Sie hat nicht gefragt.”

Moralisch hat Frau Kahl vielleicht recht, aber die Realität ist komplizierter.

Mental schrieb ich an Frau Kahl:
Liebe Frau Kahl
Wenn sie den Kindern eine Frage stellen und eine Antwort bekommen, was machen Sie?

  1. a) Sie fragen nach, was das Kind mit seiner Antwort meint.
  2. b) Sie bestimmen die richtige Antwort.
  3. c) Sie fragen eine Freundin, ob sie die Antwort des Kindes versteht.

Freundliche Grüsse

Frau P.

A wie Anfang

blog-anfangen

Der Blog schwebte mir schon seit einiger Zeit im Kopf herum. Um genauer zu sein: seit gut einem Jahr. Nur so als Idee, nichts Konkretes. Mein Mann, Mike, stellte sich schliesslich als Bloginstallateur zur Verfügung und vor zwei Wochen war ich plötzlich online.

“Hier kannst du anfangen zu schreiben”, sagte Mike und zeigte auf eine leere Blogseite mit der Aufschrift: Priska’s musing. Ein Strand mit Sonnenuntergang strahlte mich vom oberen Balken her an und erhellte die weisse Fläche, die auf meinen Text wartete.

“Wie meinst du, ich kann anfangen zu schreiben?”, fragte ich leicht überfordert.           
“Am besten mit Deinen Fingern.”
“Wie, was … ?”
“… indem du auf dem Keyboard deinen Text schreibst und dann aufschaltest”, meinte Mike.
“Ja, aber, kann jetzt schon jemand diesen Blog sehen?”
“Theoretisch ja, aber noch weiss niemand, dass du existierst.”
“Und warum ein Sonnenuntergang?”
“Weil du irgendwo anfangen musst. Du kannst alles ändern, aber du musst irgendwo anfangen.”
“Ich weiss nicht, ob Priska’s musing geeignet ist.”
“Du kannst alles ändern.”
Ich wollte meinen Mund aufmachen, aber Mike brachte mich zum Schweigen.
“Fang an.”
Ich fing nicht an, konnte nicht, denn in meinem Kopf verklumpten sich zu viele Themen und Gedanken.

Ein paar Tage später fuhren wir als Familie nach Lenk, wo wir mit Cecilia, Jack und ihren Kindern, Amelie und Linus, ein verlängertes Wochenende verbringen wollten. Wir freuten uns riesig auf das Wiedersehen.
“Und drei Tage Hotel mit Lenker Luft”, schwärmte Mike auf der Hinfahrt. Unseren zwei ältesten Töchtern, Anna und Lara, die grundsätzlich nichts gegen Hotelferien hatten, kamen plötzlich Zweifel, als sie die Bergen immer näher rücken sahen.
“Wo Berge sind”, überlegten Anna und Lara laut, “sind wir bald auf langen Wanderungen.”
“Linus ist vier und Amelie acht. Wie lange, glaubt ihr, können die Wanderungen werden?” fragte Mike.
“Das heisst also”, meinte Anna, ”wir machen lahme Wanderungen.”

Nach anfänglichen Bedenken hatten die Grossen am meisten Spass, denn die ‘lahme’ Wanderung endete auf einem Spielplatz, auf dem die girls entdeckten, dass man auf der Rutsche nicht nur rutschen und auf der Schaukel nicht nur schaukeln, sondern ebenso gut von der Rutsche auf die Schaukel springen konnte (und umgekehrt, versteht sich), ohne den Boden zu berühren. Bald wurden sämtliche Spielplatzgeräte besprungen.
Deshalb machen Spielplätze keine Altersvorgaben, ging es mir durch den Kopf.

Zurück zum Blog. Beim Frühstück im Hotelrestaurant fragte Jack:
“Wie geht es deinem Blog?”
“Na ja, er ist installiert, leidet aber unter Geburtswehen.”
“Sie ist bloggiert / blockiert”, fügte Mike hinzu.
“Ja, so in etwa.”
“Wie nennst du deinen Blog?”, bohrte Jack weiter.
“Momentan priskap
“Das ist Mist. Du brauchst etwas Griffigeres. Ich lese einen Blog, der the naked scientist heisst.”
“Meine Kollegin schreibt einen Blog namens stylehäppchen”, meldete sich Cecilia.
“Du musst dir eine Brand schaffen”, insistierte Jack.
Brand … Ich wäre froh, ich würde einen ersten Eintrag schaffen.”

Anna, die aktiv zugehört hatte, meinte plötzlich:
“Mami, Du linkst dich auf instagram, holst dir likes, schaffst dir followers.”
Mir drehte der Kopf.

Jack machte einen neuen Anlauf:
“Über was willst du schreiben? Deine Kindergeschichte?
“Nein.”
“Jeder Blog hat ein Thema.”
“Ich habe viele…”, seufzte ich.
“Du brauchst EINES.”
“Es ist eben so. Ähnlich wie David Sedaris…”
“Wer ist Sedaris?”
“Schriftsteller….Okay, ich nehme Emil als Beispiel.”
“Wer ist Emil?”, fragte Anna.
“Komiker.”
“Ah, wie Bibi.”
“Wer ist Bibi?”, wollte Cecilia wissen.
Emil des 21. Jahrhunderts.”

Generationenspagat, dachte ich und will meine Berater/innen wieder auf den Blog lenken.
“Leute, so kommen wir nicht weiter. Ich möchte einfach Alltagssituationen beschreiben.”
“Das ist kein Thema.”
“Fang mit Schreiben an”, ermutigte mich mein Mann
“Du brauchst ein Thema. Was ist deine Targetgruppe?”
“Nun….” Ich hole tief Luft:

„Frauen, aber auch Männer, in meinem Alter. Ich stelle immer wieder fest, dass uns Alltagsthemen beschäftigen: Erziehung; Kinder; Teenager; Schule; Eltern; Neuorientierung nach den Kindern; unsere Körper, die sich verändern; Falten; graue Haare; Haarausfall, Abänderung; Ehepartner; Freundschaft. Ich erhoffe mir, dass Leser/innen sagen: Geht mir auch so oder Ich habe folgendes erlebt…”

Mike schwieg.
Jack überlegte.
Anna schaute mich an.
Da sagte Cecilia:
“Ja, die Idee ist gut. Es sind die alltäglichen Dinge, die uns vereinen. Du brauchst einen Blognamen mit Alltag.”
Der Bann war gebrochen.

Aufgeregt suchten wir nach Namen:
Alltagsgeschichten?”
AlltagABC?”
Im Alltag?”
Alltagsituationen?”
Alltagsrunde?”
Alltagsfrage?”
Wir sind uns einig, dass Alltag nicht sehr sexy tönt.

“Ich google jetzt Alltag Synonyme”, schlug ich vor und griff nach meinem Handy. Unter duden.de wurde ich fündig. Laut las ich:
“…Arbeitstag, Werktag, Wochentag, ewiges Einerlei, Alltagschrott…”
Alle lachten und meinten:
“Das ist gut,-  ja. – Alltagschrott.”
“Öhm …”, musste ich ihnen verkünden, “ich habe das Wort falsch gelesen. Es heisst hier Alltagstrott.”

“Egal”, sind sich die Berater/innen einig, “Alltagschrott passt.”
“Schrott?”, fragte ich zweifelnd.

Dann erhellte sich mein Gesicht.
“Genau, ich recycle Alltagschrott zu Geschichten. Und vielleicht bringen andere ihren Alltag/ Schrott zum Recyclen.”

Mike kratzte sich am Kopf:
“Okay, wir ändern definitiv das Bild des Sonnenunterganges auf deinem Blog.”