
Mein Mann hat jeweils mehrere Projekte laufen. Nicht dass Mike diese Projekte speziell sucht, nur dass er zufällig über dieses und jenes stolpert und sofort potentielle Gestaltungsmöglichkeiten sieht.
So sah er kürzlich eine Schleifmaschine im Bau und Hobby, als er dorthin fuhr, um Blumen für den Garten zu holen, und er kam auf die Idee, selber die Fensterläden zu schleifen und zu malen.
Liebevoll fuhr er die Maschine nach Hause, zusammen mit einer neuen Schubkarre, einer Tonne frischer Erde und einem Meer Blumen.
“Schatz”, sagte ich vorsichtig, als ich die Blumenlawine in den Garten rollen sah, “unser Garten hat begrenzte Möglichkeiten….”
“Lass mich nur machen”, erwiderte Mike gut gelaunt und stieg wieder in unseren Familienvan, um die restlichen Blumentöpfe, die im Laden geduldig auf seine Rückkehr warteten, zu holen.
In der Zwischenzeit stand ich den Blumen misstrauisch gegenüber und seufzte. Wo, um Himmels Willen, wollte Mike Platz für all diese Schönheiten finden? Hatten verschiedene Nachbarn ihn gebeten, ebenfalls Blumen für ihre Gärten einzukaufen? Diese Hoffnung erschien unwahrscheinlich.
Im Gegensatz zu Mike, bin ich kein Mengentyp. Mein Motto lautet:
- Pro Shopping fünf bis sechs Blumenstöcke einkaufen.
- Die für die neu erstandenen Blumen benötigte Erde mitnehmen.
- Kurz einpflanzen.
- Wasser geben.
- Die Neuzuzüger geniessen.
Doch das ist kein Projekt.
Mike, aber, fand ein zusätzliches Projekt. So brachte er vom Bau und Hobby nicht nur die restlichen Blumen mit, sondern auch die “notwendigen” Dünger für “den gesunden Garten”: einen für die Farberhaltung der Blumen, einen für die optimale Bodenzusammensetzung, einen für die Förderung des Wachstums und einen für die generelle Langzeitwirkung. Wie man diese Dünger streut, spritzt oder mischt, ist eine Wissenschaft, die mich schon beim Durchlesen der Anleitung überforderte. Blumen schienen plötzlich komplizierter als Schwangerschaften.
“Schatz”, gab ich zu bedenken, “vielleicht möchtest du die Blumen einfach einmal einpflanzen.“
Für das Einpflanzungsprojekt holte mein Mann -nebst mich- unsere vier Kinder, welche hell entzückt das Blumenmeer bewunderten. Doch nach hundert eingepflanzten Blumen hatte die Begeisterung merklich abgeflacht, zum Teil weil den Kindern die Kraft ausgegangen war, um noch ein genug grosses Loch im vertrockneten, lehmigen Blumenbeet zu graben, zum Teil weil sie Unheil ahnten angesichts der Blumenwarteschlange.
“Sollen wir sie übereinander pflanzen?”, fragte Lea müde, als die Beete voll waren. Dann kreischte sie auf, weil sich eine Spinne auf ihrer Hand befand.
Ich ging zu ihr hin und schüttelte ungläubig den Kopf.
“Lea, du hast Handschuhe an!”
“Sie könnte beissen.”
“Wer?!”
“Die Spinne.”
“Durch die Handschuhe hindurch?”
“Wieso nicht?”
“Weil diese so klein ist, dass ich eine Lupe nehmen muss, um sie als Spinne zu identifizieren.”
“Trotzdem…”
Tobias hatte unterdessen dem Nachbarmädchen, das an unserem Gartentor vorbei schlenderte, grosszügig ein Blumentöpfchen geschenkt. Freudig verkündete er meinem verdutzten Gesicht:
“Eines mehr gemacht.”
“Also … das ist nicht der Sinn der Sache”, sagte ich, obwohl ich erschreckende Ähnlichkeiten von mir entdeckte.
Mike nahm es gelassen und fand Plätze für alle Blumen.
Am Abend sassen er und ich müde, aber zufrieden auf der Veranda.
“Es sieht schön aus”, musste ich zugeben und fühlte mich heroisch, als ob ich ein Heer Blumen persönlich besiegt hätte.
“Morgen machen wir etwas anderes”, meinte Mike und kniff mich freundschaftlich.
“Was denn?”, fragte ich neugierig und sah mich schon im Wellness Bad.
“Wir düngen.”
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